Unterrichtsorganisation und Lernkultur

Allgemeine Vorbemerkungen

Eine veränderte Kindheit und Gesellschaft sowie die neueren Erkenntnisse der Lern- und Gehirnforschung fordern eine veränderte Lern- und Lehrkultur. Hier werden die Kinder, ihre individuellen Lernmöglichkeiten und Einstellungen in den Mittelpunkt gestellt. Neben strukturierten Formen des Lernens (gemeinsame und gelenkte Unterrichtsformen) werden offene Unterrichtsformen gefordert, in denen Kinder ihre Lernumwelt selbst nach ihren Interessen und Bedürfnissen gestalten, auf den eigenen Wegen lernen und Lehrkräfte sich als Lernbegleiter verstehen. Unter diesem Begriff vereinigen sich die verschiedensten Reformansätze und Unterrichtsmethoden.

Öffnung des Unterrichts findet mit erweiterten Zielsetzungen statt und bezieht sich nicht nur auf Unterrichtsformen. Vielmehr handelt es sich um ein allgemeines Prinzip, das auch bei den sogenannten gelenkten Formen des Unterrichts zum Tragen kommen muss und nicht nur Teil einer Klassen-, sondern auch Schulkultur sein soll.
Öffnung von Unterricht beabsichtigt eine Stärkung in den so genannten Schlüsselqualifikationen:

Sachkompetenz (inhaltliches Lernen, Lernen des Lernens)
Selbstkompetenz (Selbstständigkeit, Durchhaltevermögen, Selbstvertrauen)
Sozialkompetenz (Kooperationsfähigkeit, Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit)

Für den offenen Unterricht an der Leoschule bedeutet dies:

Inhaltlich

  • Der Unterricht öffnet sich für die Erfahrungswelt des Kindes und seine Lebensumstände. Kinder haben die Möglichkeit, ihre Interessen einzubringen. (Schülerorientierung)
  • Es besteht die Möglichkeit, aus verschiedenen Lernangeboten auswählen zu können. (Individualisierung) Im offenen Unterricht haben die Kinder Mitbestimmungsmöglichkeiten hinsichtlich der Inhalte, Zeitdauer, Arbeitsweisen und Materialien.
  • Dies ermöglicht nicht nur reproduktive Leistungen. Entdeckendes, handlungsorientiertes Lernen steht im Vordergrund. Das Lernen mit vielen Sinnen wird einbezogen.
  • Der Unterricht ist fächerübergreifend angelegt.

Methodisch

  • Es steht anregendes und vielfältiges Arbeitsmaterial zur Verfügung.
  • Es werden offene Arrangements von Lernsituationen und Materialien bevorzugt.
  • Kooperatives und soziales Lernen steht im Vordergrund.
  • Das Lernen wird gelernt. Kinder kennen verschiedene Methoden, um sich Inhalte anzueignen und ihre Arbeit selbstständig zu organisieren.
  • Der Unterricht wird bestimmt durch eine ausgeprägte Sprach- und Schreibkultur (Gesprächskreise, Präsentationen, Veröffentlichungen, Reflexionen, Schreibkonferenzen, …)
  • Gemeinsam aufgestellte Regeln und Rituale ordnen das Zusammenleben.
  • Verschiedenheiten sind wichtig und werden genutzt.
  • Das Lernen wird dokumentiert (von Kindern und Lehrkräften).

Organisatorisch

  • Wichtig ist eine zeitliche Offenheit (Blockunterricht), die Raum lässt für individuelle Planungen und unterschiedliche Lern- und Arbeitszeiten.
  • Der Klassenraum ist eine Lernlandschaft und die gesamte Schule mit ihrem Umfeld wird zum Erfahrungs- und Lebensraum für Kinder. Das beinhaltet auch den Einbezug außerschulischer Erfahrungen (Experten/ Lernorte).
  • Verantwortung für den Lernerfolg tragen Lehrkräfte, Kinder und Eltern.
  • Folgende offene Unterrichtsformen werden eingesetzt: Freie Arbeit, Projektarbeit, Werkstattunterricht, Lernen an Stationen,…

Kinder müssen zunächst über Erfahrungen mit verschiedenen Methoden und offenen Unterrichtsformen verfügen, um zielgerichtet und selbstständig arbeiten zu können. Entscheidend für die Qualität offenen Unterrichts sind daher sorgfältig vorbereitete Lernumgebungen und Lernarrangements mit anspruchsvollen Aufgaben, die eine hohe Planungs-, Beobachtungs- und Evaluationskompetenz von Lehrerinnen und Lehrern fordern.

Offene Unterrichtsformen an der Leoschule

Im Folgenden werden offene Unterrichtsformen vorgestellt, die in allen Klassen der Leoschule praktiziert werden.

Lernen an Stationen

„Lernen an Stationen“ ist eine Unterrichtsform, die versucht, zwischen offenem und stärker geschlossenem Unterricht zu vermitteln.

Die Lernangebote begrenzen sich meistens auf ein Unterrichtsfach und auf ein bestimmtes Thema und sollten die Anzahl von ca. 7 Stationen nicht überschreiten, damit die Möglichkeit besteht, die Arbeit innerhalb von 2 Doppelstunden abzuschließen.

Da die Arbeitsangebote im Klassenraum verteilt sind, erfolgt immer ein Ortswechsel, wenn eine Aufgabe erfüllt ist. Der aufgabenbezogene Wechsel des Arbeitsplatzes erfolgt selbständig und kommt dem Bewegungsdrang der Kinder in besonderer Weise entgegen.

Im Vordergrund stehen beim „Lernen an Stationen“ das selbstgesteuerte Lernen, die freie Auswahl der Lernstationen, die Bearbeitung in beliebiger Reihenfolge sowie freie Zeiteinteilung und Sozialform. Das Material der einzelnen Stationen sollte in der Weise didaktisch aufbereitet sein, das langsame wie schnelle Lernende je nach ihrer individuellen Ausgangslage gefördert und gefordert werden. Die Aufgabenstellungen sollten mehrkanaliges Lernen möglich machen.

Werkstattunterricht

Material- und auch zeitaufwendiger als das „Lernen an Stationen“ ist der Werkstattunterricht, der verstärkt die Eigenorganisation und die Selbständigkeit der Schüler verlangt.

Werkstattunterricht sollte fächerübergreifend angelegt sein und mindestens so viele Angebote umfassen, wie Kinder in der Klasse sind. Eine Werkstatt kann thematisch gebunden oder ungebunden sein. Während beim „Lernen an Stationen“ der größte Teil der Angebote von allen Kindern bearbeitet werden sollte, ist dies bei der Werkstatt die Ausnahme. Die Werkstattarbeit kann sich über einen Zeitraum von zwei bis drei Wochen erstrecken.

Projektarbeit

Der Projektunterricht ist eine besondere Form des offenen Unterrichts.

Lehrer und Schüler wenden sich hier einem gemeinsam formulierten Thema bzw. Problem zu, entwickeln gemeinsam einen Plan zur Bearbeitung, beschäftigen sich meist in Gruppen arbeitsteilig mit verschiedenen Schwerpunkten und präsentieren ihre Lösung am Ende der Projektarbeit gemeinsam.

Selbsttätigkeit und die Erziehung zu demokratischem Handeln stehen bei der Projektarbeit im Vordergrund.

Freie Arbeit

Durch die „Freie Arbeit“ wird die Individualität des Kindes in besonderer Weise gefördert, d.h. seine Arbeitsweise und sein Lerntempo, sein Leistungsstand und seine Vorlieben stehen im Vordergrund. In allen Klassen ist die Freie Arbeit fest im Stundenplan verankert. Arbeitsangebote ergeben sich aus dem Unterricht und sind somit inhaltlich nahe an den Unterrichtsthemen und – anforderungen orientiert. Eine individuelle Förderung findet im Rahmen der Freien Arbeit dadurch statt, dass die Kinder ihrem Lernstand entsprechend selbständig Arbeitsangebote auswählen können, wobei die Lehrperson unterstützend zur Seite steht. Zudem besteht für Lehrerinnen und Lehrer die Möglichkeit, auf Förderpläne zurückzugreifen, um einzelne Kinder intensiv zu betreuen.